Im so genannten „Digitalen Zeitalter“ des 21. Jahrhunderts haben selbst findige Minderjährige keine Probleme mehr, im Internet auf Hardcore-Pornografie zu stoßen. Vor gerade mal gut 60 Jahren war die Lage eine völlig andere. Nach dem zweiten Weltkrieg war es noch strafbar, Pornografie zu verbreiten, erst recht, wenn es sich bei den Bildern um homoerotische Akte handelte. Touko Laaksonen (schnittig: Pekka Strang) ist in dieser Zeit aufgewachsen. Als junger Mann diente der Finne im Zweiten Weltkrieg als Soldat in der Armee, und schon damals fand er Gefallen an der Liebe zum eigenen Geschlecht.
Zwischenmenschliches lief in den 1940er Jahren noch ganz im Geheimen ab. Man traf sich auf einen Quickie im öffentlichen Park bei Nacht, oder verabredete sich in etwas geschützterer Atmosphäre in einem Club oder in einer Privatwohnung. Laaksonen arbeitete nach dem Krieg als Art-Director in einer Werbeagentur. Sein Talent zum Zeichnen nutzte er privat, um seine erotischen Phantasien zu Papier zu bringen: Muskelbepackte Lederkerle mit dicken Beulen in den Hosen, sofern sie noch Hosen anhatten.
Die Bilder, die der Künstler zunächst noch mit waghalsigen Aktionen an interessierte Männer zu bringen versuchte, sind längst zu Klassikern ihres Genres geworden und werden auch noch Jahrzehnte nach dem Tod des Zeichners von unzähligen Bewunderern auf den ersten Blick erkannt. Dome Karukoski („Helden des Polarkreises“) zeichnet in seinem Biopic „Tom of Finland“ das Leben Laaksonens nach, der später unter dem Titel gebenden Pseudonym „Tom of Finland“ international bekannt werden sollte.
Karukoski folgt in seinem Handlungsaufbau dem klassischen Schema, springt immer mal wieder in der Chronologie hin und her, um die Einflüsse und Motive des Zeichners zu verdeutlichen und um zu unterstreichen, woher seine Phantasien und Anregungen kamen. In der Rekonstruktion der vergangenen Jahrzehnte hat man bei „Tom of Finland“ größte Sorgfalt walten lassen. Man sieht dem Film an, dass er ein ordentliches Budget zur Verfügung hatte.
Auch die privaten Schicksalsschläge des Künstlers werden dabei nicht ausgespart, sowohl seine Diskrepanzen mit seiner Schwester Kaija (Jessica Grabowsky) als auch der Tod seines langjährigen Lebenspartners Veli (süß: Lauri Tilkanen). Der Film bietet insgesamt einige erhellende Einblicke in ein noch weitgehend unbekanntes Künstlerleben, das spannend aufgebaut und kurzweilig in Szene gesetzt wurde.
Kritikerspiegel Tom Of Finland
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